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Wir stellen uns vor...

       Aufnahme
              Entstehung
                     Konzeption
                            Grundgedanken
                                   Methoden
                                           Tageslauf
                                                  Erfahrungen
                                                         Ausblick


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was es für weiterführende Schulen können muss?

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Herbst aussehen...

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Wie wird mein Kind SchülerIn des Montessorizuges?

Ihr Kind soll bald zur Schule kommen. Vielleicht möchten Sie gern, dass Ihr Kind den Montessorizug der Grundschule Steinbach besucht? Diese Möglichkeit besteht seit 1995 als Alternative zu den klassischen Grundschulen und einer weiteren privaten Schule, sofern Ihr Wohnort im Stadtgebiet von Schwäbisch Hall liegt.

Wenn Sie an dieser Möglichkeit Interesse haben, können Sie sich bei einem Infoabend, der in der Regel im Februar stattfindet, einen Überblick über die Arbeitsweise im Montessorizug verschaffen. Im Anschluss daran bieten LehrerInnen des Schulzweigs im Rahmen der Volkshochschule zwei vertiefende Einführungsabende an.

Bis Mitte März müssen Sie sich entschieden haben, ob Ihnen die Grundgedanken und die Arbeitsweise entsprechen und Sie Ihr Kind anmelden wollen. Daraufhin werden Sie mit Ihrem Kind zu einem Aufnahmegespräch eingeladen, bei dem wir uns gegenseitig kennen lernen wollen.

Es kommt leider vor, dass nicht alle angemeldeten Kinder aufgenommen werden können. Sie bekommen aber rechtzeitig vor dem regulären Einschulungstermin der örtlichen Schule von uns Bescheid, ob ihr Kind den Montessorizug besuchen kann oder nicht.

In allen Klassen des Montessorizuges sind einige Plätze für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf vorgesehen. Für diese Kinder gilt ein erweiterter Einzugsbereich über das Stadtgebiet Schwäbisch Hall hinaus. Vor der Entscheidung zur Aufnahme dieser Kinder müssen sonderpädagogische Gutachten vorliegen und sind enge Absprachen mit den Sonderschulen und dem staatlichen Schulamt nötig.

Vor den Sommerferien lädt jede Klasse ihre „Neuen“ zum Schnupperbesuch ein.

Kostet der Besuch im Montessorizug Schulgeld?

Nein. Der Montessorizug in Steinbach ist ein schulisches Angebot im Rahmen der staatlichen Regelschule. 

Sie gehen keine zusätzlichen Verpflichtungen ein, auch was zum Beispiel Lernmittel oder Elternmitarbeit betrifft. Trotzdem freuen wird uns natürlich, wenn Eltern bereit sind das Schulleben mitzugestalten.

Die „Montessori-Initiative Schwäbisch Hall e.V.“ ist für den Schulzweig so etwas wie ein Förderverein. Eine Mitgliedschaft in diesem Verein ist Ihnen freigestellt und unabhängig vom Schulbesuch Ihres Kindes. 


Wie kam es zum Montessorizug?

Von Beginn an hatten die Eltern, die sich in der Montessori-Initiative zusammenfanden, den Wunsch, dass ihre Kinder im Anschluss an die Kindergartenzeit in einem Montessori-Zug zur Schule gehen könnten. 
„Wir wollen jetzt einen integrativen Montessori-Kindergarten und später einen Montessori-Grundschulzug“ – so war die erste Broschüre des Vereins im Frühjahr 1991 betitelt. Tatsächlich konnte es verwirklicht werden, dass die erste Kindergartengeneration (zusammen mit anderen Kindern aus dem Stadtgebiet) im September 1995 nahtlos in den neu eröffneten Montessorizug wechseln konnte. 

Ein wesentlicher Schritt war die Entscheidung, den schulischen Zweig nicht als Schule in freier Trägerschaft zu planen, sondern in Zusammenarbeit mit der Stadt Schwäbisch Hall und dem Staatlichen Schulamt einen Platz innerhalb einer bestehenden Grundschule zu suchen. 

Zusammen mit der staatlichen Schulbehörde wurden im Laufe des Jahres ’94 die Rahmenbedingungen eines Montessorizuges entwickelt und vereinbart: Bei grundsätzlicher Bindung an Bildungsplan, Zeugnisgebung und Versetzungs- ordnung wurden die Freiräume für tägliche Freiarbeit, altersübergreifende Lerngruppen und Integration von Kindern mit Behinderungen geschaffen.

Als Schulträger musste sich die Stadt Schwäbisch Hall in den Jahren ’94/95 mit dem Vorhaben der Montessori-Initiative auseinandersetzen. Der Gemeinderat bewilligte die finanziellen Mittel um auf vier Jahre hinaus jeweils einer Klasse den Start mit der nötigen Grundausstattung zu ermöglichen. Bei notwendigen oder wünschenswerten Ergänzungen des Bestandes werden die Klassen teilweise von der Montessori-Initiative finanziell unterstützt.

Ein langer Prozess war die Suche nach einer Heimatschule. Am Ende war es die Grundschule Steinbach, die sowohl Interesse an dem Projekt einer pädagogischen Zweizügigkeit hatte als auch den Raum für zusätzliche Klassen anbieten konnte. Seit Herbst 1998 ist nun der Montessorizug mit vier Lerngruppen komplett und die ersten SchülerInnen wechselten bereits in die weiterführenden Schulen.

Eine Schule für alle?

So wie die unterschiedlichsten Menschen in unserer Gesellschaft zusammen- leben, so wollen wir versuchen, eine Schule für alle Kinder zu sein. Dabei ist nicht Angleichung und Anpassung das Ziel, sondern die gegenseitige Wertschätzung der Eigenheiten eines jeden Kindes. 

Das Lernen von Unterschieden erleben wir als Bereicherung. Dies ist aber nur möglich durch eine Atmosphäre, in der sich jedes Kind angenommen fühlt. 

Die Lerngruppen entwickeln an unserer Schule eine besondere Dynamik, weil sie alle vier Jahrgänge (Klassenstufe 1 bis 4) umfassen und Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf integriert sind. Dies ist möglich, weil wesentliche Bereiche des Lernens in Freiarbeit organisiert sind. Schulanfänger kommen in eine schon bestehende Gruppe hinein und erleben den schon eingespielten Rahmen in der Regel als hilfreich für den Schulbeginn. Die „Kleinen“ erhalten von den „Großen“ gerade für die Freiarbeit eine Fülle von Anregungen. Die älteren Kinder machen wesentliche soziale Erfahrungen, wenn sie kleineren Kindern helfen oder sie in ihre Projekte mit einbeziehen. Alle Kinder erleben, dass Unterschiede im Lernstand und Lerntempo normal sind. Sie müssen sich nicht in allem an der Norm des eigenen Jahrgangs messen, sondern können ihre eigenen Fähigkeiten und die eigene Lernentwicklung differenzierter wahrnehmen.

Behinderte und nichtbehinderte Kinder in einer Klasse? Kommt da niemand zu kurz?

Durch die Freiarbeit mit ihrer Offenheit und ihren Möglichkeiten für jedes Kind, den ihm gemäßen Weg zu finden und zu gehen, versuchen wir den geeigneten Rahmen für Integration zu schaffen.

Wir bemühen uns innerhalb unserer Rahmenbedingungen, sonderpädagogische Prinzipien zu verwirklichen: z. B. individuelle Förderung, Selbsttätigkeit, Bewegung und Handtätigkeit, vielfältige Wiederholungsmöglichkeiten, Anschaulichkeit des Materials usw. Damit können wir auch den Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf eher gerecht werden.

Hilfreich ist dabei die Kooperation mit den Schwäbisch Haller Sonderschulen. So arbeiten in Steinbach SonderschullehrerInnen und GrundschullehrerInnen teilweise gemeinsam in einer Klasse.

Für Kinder mit und ohne Behinderung versprechen wir uns große Chancen in ihrer sozialen Erziehung. Wenn unterschiedliche Kinder miteinander in Beziehung kommen, werden sie in ihrer Kontaktfähigkeit und Selbständigkeit gefördert. Und über die Sozialentwicklung verstärkt eine integrative Erziehung auch deren Lernleistungen.

Freiarbeit und „gebundene“ Unterrichtsformen

Im Laufe einer Woche erleben die Kinder gebundene Unterrichtsformen wie z. B. Sport, Religion, Rechen- und Rechtschreibstunden, aber auch Morgenkreise und den Klassenrat.

Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt jedoch in der Freiarbeit, in der jedes Kind selbst entscheidet, was, womit und mit wem es arbeiten will. Dabei darf es sich soviel Zeit nehmen wie es benötigt um sich einer Sache intensiv zu widmen. 

Aber dann macht ja jeder, was er will...

In der Freiarbeit soll jedes Kind möglichst frei und selbstverantwortlich handeln können. Freiheit bedeutet bei Montessori jedoch nicht Beliebigkeit. Das bezieht sich nicht nur auf den Inhalt der Tätigkeit, sondern auch auf die Art und Weise, wie man etwas tut. Wir LehrerInnen achten darauf, die Kinder sorgfältig in die inhaltliche Struktur und den Umgang mit den Materialien einzuführen.

Freiheit meint auch eine Entscheidung für etwas. Die beste Arbeitsmotivation ist das Interesse für eine Sache. Wer ein selbstgestecktes Ziel verfolgt, entwickelt Konzentration, Ausdauer und Kreativität. So verstanden ist „Disziplin“ durchaus Folge der Freiheit.

In der Klassengemeinschaft haben wir außerdem ein recht ausgefeiltes Regel- werk über die Jahre mit den Kindern entwickelt. Dieses ist nicht als ehernes Gesetz zu verstehen; Regeln lassen sich bei Bedarf verändern und können auch nicht immer und überall durchgesetzt werden. Aber wir LehrerInnen haben natürlich schon die Aufgabe, für allgemeine Schulregeln und getroffene Vereinbarungen einzustehen.

In welcher Ausprägung wir die Balance zwischen „Freiheit und Bindung“ im Schulalltag finden, ist letztlich auch eine persönliche Frage jedes einzelnen Erwachsenen.

Das klingt gut  –  aber funktioniert es auch?

Im Prinzip, ja. Viele Kinder kommen mit dieser Konzeption problemlos zurecht. Einige aber auch weniger gut; und besonders Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf können das komplizierte Gleichgewicht zwischen spontaner Lust, tieferen Entwicklungsbedürfnissen und den Leistungserwartungen der Umwelt nur eingeschränkt selbständig ausbalancieren.

Dabei brauchen sie Hilfe von anderen Kindern oder Erwachsenen. Wir LehrerInnen bemühen uns durch möglichst genaue und vorurteilsfreie Beobachtungen herauszufinden, welche Themen, Angebote oder auch Strukturhilfen bei der täglichen Arbeit für ein solches Kind hilfreich sein könnten.

Kann nach der Grundschulzeit jedes Kind das, was es für weiterführende Schulen können muss?

Wir konnten erst seit zwei Jahren Erfahrungen mit Übergängen sammeln. Kinder, die durchschnittlich begabt sind und die keine größeren Lebensprobleme belasten, kamen bisher in den weiterführenden Schulen gut zurecht. Einige der „neuen“ Lehrer haben deren große Selbständigkeit und die Problemlösungsstrategien „unserer“ Kinder gelobt. Das entspricht auch unserer Wahrnehmung. 

Immer wieder beschäftigt uns die Sorge, ob die Rechtschreibung einiger unserer Kinder genügend gefestigt ist. Diese Sorge scheinen wir mit anderen Grundschulen zu teilen.

Und der Lehrplan?

Als Schulzug in staatlicher Trägerschaft gelten auch für uns die baden-württembergischen Verordnungen und Bildungspläne. 

Darüber hinaus wollen wir uns ausdrücklich an Montessoris Ideen und Erziehungszielen orientieren. Bildung und Erziehung sind in unserer Zeit und Gesellschaft sehr wichtig geworden. Die Ziele einer Schule dürfen sich nicht nur auf eine gute Vorbereitung für eine Berufsausbildung beziehen. Die Grundschule soll – das ist unser Anliegen – alle wichtigen Entwicklungsbedürfnisse dieses Alters berücksichtigen. Es ist uns bewusst, dass dies hohe und nicht leicht zu verwirklichende Ziele und Ansprüche sind. 

Natürlich müssen die Kinder sich auch eine Menge Grundkenntnisse aneignen. Und als staatliche Schule können wir nicht unbegrenzt auf eigene Impulse warten, wenn sich Kinder nicht von selbst an bestimmte Arbeitsbereiche „ranmachen“.

Im Rahmen der Auslegungsmöglichkeiten, die jede/r Lehrer/in hat, versuchen wir aber die vorhandenen Freiräume weitestgehend zu nutzen. Wir können also selbst entscheiden, wie tief oder weniger tief wir unsere SchülerInnen mit einem bestimmten Lehrplanthema in Kontakt bringen wollen. Unsere Richtung in dieser Frage ist bei den Sachthemen klar: Wir legen unseren Schwerpunkt auf Möglichkeiten zu „exemplarischem Lernen“. Dies betrifft sowohl den Inhalt als auch die Art und Weise, wie etwas gelernt wird, wie man sich Informationen beschafft und diese verwertet – einen Aspekt also, der bei der gegenwärtigen Wissensexplosion immer wichtiger wird. Ein Beispiel:

Steht da die „internationale Raumstation“ drin?

Drei Jungen (im vierten Schuljahr) interessieren sich schon länger für Weltraum und Raketen. Sie haben schon früher mit einigen astronomischen Materialien gearbeitet, z. B. mit dem „Planetenmodell“. Jetzt interessieren sie sich für die internationale Raumstation. Sie haben in der Zeitung gelesen oder im Fern- sehen gesehen, dass deren Solarzellenflügel gerade ausgebreitet wurden. Also beginnen sie in unseren Raumfahrtbüchern etwas darüber zu suchen. Hier finden sie nicht viel, aber ihr Lehrer hatte einige Zeitungsartikel ausgeschnitten, die erste Informationen lieferten.

Danach gehen sie in die Stadtbibliothek. Hier finden sie einige Informationen über die MIR, über die ISS aber wenig, weil die meisten Jugendbücher nicht so aktuell sind. Also ins Internet zur NASA. Da gibt es brillante Bilder für den schriftlichen Teil ihrer Arbeit zu kopieren, aber die Texte sind alle in Englisch. Gut – einiges bekommen sie schon selbst heraus und bei anderen Teilen helfen wir Erwachsenen, aber sie merken vor allem, dass sie die Zahlen gut verstehen können. 

Fragen entstehen: Wie hoch fliegt die ISS über der Erde und wie schnell? Sie vergleichen die Flughöhe mit der Entfernung des Mondes von der Erde. Dazu holen sie sich das „Atmosphärenband“, ein Arbeitsmaterial das unseren Lebensraum in Verhältnis zum Erdinnern und zum Weltraum setzt. Sie merken, dass die Flughöhe relativ gering ist. Wie weit waren schon Menschen von der Erde entfernt? Nur bis zum Mond – das ist ja gar nichts! Die Schüler dachten, wir Menschen wären schon längst bei anderen Planeten und Sternen zu Besuch gewesen. 

Fürs Leben gelernt?!

Während wir LehrerInnen an diesem Heft schreiben, sind die Schüler noch bei der ISS-Arbeit. Ihre Mappe enthält viel Material aber noch wenige Texte, die irgendwelche Ergebnisse dokumentieren (die sie später der Klasse vorstellen sollen). Vielleicht bleibt die Arbeit in diesem Stadium und wird gar nicht fertig. Die drei Jungen haben aber sicher schon gelernt, dass, wenn man die Antwort auf eine Frage sucht, überall neue Fragen entstehen. In diesem Prozess entwickeln sie ein Verständnis über die grundlegenden Zusammenhänge unserer Welt und unseres Zusammenlebens. Und außerdem lesen sie, sie rechnen, sie schreiben, sie machen Medienerfahrungen. Sie „lernen“ also auch viel anderes – aber „nebenbei“.

Wenn sie mit ihrer Arbeit aufhören, sind sie vielleicht an einen Punkt gestoßen, an dem sie über die Größe und Großartigkeit unserer Welt und unserer menschlichen Fähigkeiten ins Staunen gerieten. Vielleicht haben sie auch etwas von einer Haltung wie Achtsamkeit, Ehrfurcht, Verantwortlichkeit gegenüber unserem Planeten und allem, was darauf lebt, gespürt. Das wird sicher wieder oft in Frage gestellt werden, aber der Funke könnte ein Leben lang erinnert werden.

Bearbeiten alle Kinder so ungewöhnliche Themen?

Während der Freiarbeit beschäftigen sich viele Kinder über Tage und Wochen an einer Arbeit. Häufig sind für die Kinder Tiere interessant. Auch die Erde, das Weltall, Pflanzen, eine Geschichtensammlung oder mathematische Aufgaben werden für die Kinder zum Thema.

Viele Arbeiten, die die Kinder machen, sind wiederum innerhalb einer Freiarbeitsphase fertig gestellt. Ob ein Kind ein Material beispielsweise nur auslegt, oder dazu eine weiterführende Arbeit (Heft, Plakat, Modell, Referat) anfertigt, überlassen wir meistens ihm selbst. 

Wo es notwendig und hilfreich erscheint, bekommen Kinder auch immer wieder individuelle Vorgaben auch für die Freiarbeitsphase. Das kann bei einem Kind eine Schreibübung sein, bei einem anderen die Verpflichtung, gezielt mit einem Rechenmaterial zu üben. 

Gibt es auch ganz normale Benotungen und Zeugnisse?

Unsere SchülerInnen werden wie an anderen Schulen in ihren Leistungen beurteilt. Am Ende des ersten Schuljahres erhalten sie einen Bericht über ihr „Verhalten“, „Arbeiten“ und „Lernen“. Am Ende des zweiten Schuljahres wird der Bericht mit Noten in Deutsch und Mathematik ergänzt. In der dritten und vierten Klasse erhalten die Kinder ebenfalls einen Bericht und werden dazu in allen Fächern benotet.

Mit den Dritt- und Viertklässlern üben wir in einigen Stunden in der Woche einen ganz „normalen“ Unterricht in Deutsch und Mathematik mit den klassischen Elementen Tafel, Buch und Heft, damit sie diesen Unterrichtsstil kennen. Innerhalb dieser Unterrichtsstunden schreiben die Kinder von Zeit zu Zeit Klassenarbeiten, die zu einem wichtigen Teil in der Zeugnisnote berücksichtigt werden. 

Daneben haben wir versucht andere Formen der Lern- und Leistungsüberprüfung zu finden. Wichtig wurden für uns Tests und Prüfungen, die alle Kinder dann machen bzw. ablegen, wenn sie etwas können. Diese sind in den individuellen Lernweg eines jeden Kindes eingebunden und werden deshalb nicht gleichschrittig angefertigt. 

Wieder ein Beispiel: Mit der „Apotheke“ kann man das Dividieren von Millionen- zahlen durch ein- bis vierstellige Zahlen lernen. Verschiedenfarbige Glaskugeln, die unterschiedliche Stellenwerte darstellen, werden dabei auf Lochbrettern an Spielfiguren verteilt, bis man das Ergebnis, das eine Figur bekommt, vor sich hat. 

Wenn man die Handhabung kennt, ist die Arbeit so leicht, dass viele Zweitklässler – manchmal sogar Erstklässler – damit auf ihrem Niveau arbeiten. Einige Kinder aber gehen in drei Schuljahren von sich aus überhaupt nicht auf die „Apotheke“ zu. Deshalb verlangen wir, dass alle Kinder spätestens im Januar ihres vierten Schuljahres eine „Apothekenprüfung“ abgelegt haben. In der Freiarbeit führen wir die Kinder in die Handhabung des Materials ein. Mit Aufgabenkärtchen können sie dann selbständig üben, bis sie das Gefühl haben das Material zu beherrschen. Dann holen sie sich die Prüfungsaufgabe und rufen uns um zuzuschauen. Nach bestandener Prüfung gibt es natürlich eine Urkunde. Wer nicht bestanden hat, kann weiter üben und die Prüfung wiederholen.

Solche Prüfungen gibt sind für mehrere Materialien möglich, die das Basiswissen im Bereich Mathematik, Sprache und Musik „repräsentieren“. Wir meinen, dass dies eine ehrliche Form ist, die tatsächlichen Leistungsanforderungen unserer Gesellschaft in die Schule einfließen zu lassen und gleichzeitig den Kindern ihre eigenen Lernwege und Zeitstrukturen zuzugestehen.

Es gibt darüber hinaus viele "Leistungsbeweise", die in der Freiarbeit entstehen und von uns LehrerInnen beobachtet und dokumentiert werden können. Manches davon kann von uns oder anderen Kindern angeregt werden (ein Referat halten, ein Gedicht vortragen, ein Buch vorstellen usw.), manches ist das Ergebnis einer ganz einmaligen Arbeit...


Sind die „Kleinen“ von der Eigenverantwortung nicht überfordert?

Natürlich können Sechsjährige ihre Arbeit nur sehr bedingt planen. Auch im zweiten Schuljahr wählen viele Kinder ihre Tätigkeiten noch wenig bewusst aus – sie „spüren“ vielmehr, ob ein Material sie anspricht oder nicht – ihre inneren Entwicklungslinien leiten sie dabei. Viele Kinder im dritten und vierten Schuljahr können aber tatsächlich ihre Lernwege recht selbständig planen. Unsere Erfahrung zeigt: Die meisten Kinder lernen sich selbstbewusst den Anforderungen zu stellen – nach dem Motto: „Das will ich jetzt können!“ 

Bei soviel Individualität  –  wo bleibt die Gemeinschaft?

Sozialerziehung ist eines unserer wichtigsten Ziele. Die Wahlmöglichkeit der Arbeitspartner in der Freiarbeit trägt dabei Früchte. Darüber hinaus ist wichtig, dass wir uns auch als Gruppe erleben. Wieder nur ein Beispiel: 

Der Klassenrat entwickelte sich in allen Lerngruppen zu einem wichtigen wöchentlichen „Ereignis“. Hier können gemeinsame Angelegenheiten oder auch Konflikte unter den Kindern besprochen werden, wobei sich die Lehrkräfte möglichst zurückhalten. Die Kinder erfahren so, dass sie selbst Verantwortung für sich und die Gemeinschaft haben und dass sie in ihren Bemühungen um Beiträge und Lösungen ernst genommen werden. Häufig muss ein Beschluss per Abstimmung getroffen werden. Demokratie soll nicht in erster Linie gelehrt, sondern praktisch gelebt werden. Wer für eine begrenzte Zeit zum Vorsitzenden gewählt wurde, kann in dieser Funktion intensive soziale Erfahrungen sammeln. Die Altersmischung der Lerngruppe hilft auch hier Selbstbewusstsein und Verständnis zu entwickeln.

Und so könnte ein Schultag Ihres Kindes im kommenden Herbst aussehen...

Ich bin ErstklässlerIn und gehe in die Grundschule in Steinbach. Für mich beginnt der Unterricht meistens um 8.30 Uhr. Die Tür zum Klassenzimmer steht offen, die Zweit-, Dritt- und Viertklässler sind bereits da und lernen. Am Mittwoch haben sie Rechenstunde und schreiben schwierige Aufgaben mit großen Zahlen in ihre Hefte. Montags schreiben sie Geschichten, wir Erstklässler dürfen immer wieder mal zuhören, wenn die fertigen Geschichten vorgelesen werden. Und am Freitag üben sie, wie Wörter richtig geschrieben werden, und ab und zu schreiben sie auch Diktate. 

Ich schaue mich um, wer von meinen Freunden schon da ist. Meine Klassenlehrerin begrüßt mich und fragt, ob ich schon eine Arbeit habe. Manchmal weiß ich genau, was ich tun möchte. Besonders interessieren mich Tiere, dazu habe ich schon ein paar Hefte gemacht. An manchen Tagen möchte ich auch gerne zusammen mit meiner Freundin etwas machen. Wenn wir alleine nichts finden können, fragen wir unsere Lehrer. Doch die haben oft nicht gleich Zeit für uns, weil sie noch anderen Kindern etwas zeigen. Solange schauen wir uns im Zimmer oder bei den anderen Kindern um. Öfters „meckern“ sie aber auch nach der Freiarbeit, wenn ich nicht mit einem Buchstaben gearbeitet habe, den ich noch lernen sollte.

Manche Arbeiten sind sehr spannend. Dabei erzählen wir uns, was wir sehen, lesen, schon wissen oder wie wir es malen und aufschreiben wollen. Dabei kann es schon auch mal laut werden, dann klingelt entweder einer der Lehrer oder auch ein Schüler und bittet darum, dass wir wieder leise sind.

Vor der großen Pause räumen wir unsere Arbeit weg und schreiben auf, was wir in der Freiarbeit getan haben. An manchen Tagen geht die Freiarbeit viel zu schnell vorüber, da ich noch viel Interessantes zu tun gewusst hätte. Doch gibt es auch Tage, an denen die Freiarbeit sehr lang ist, besonders dann, wenn ich mich nur schwer für eine Arbeit entscheiden konnte. Wir Kinder vespern schließlich zusammen im Klassenzimmer, solange unsere Klassenlehrerin noch etwas vorliest.

In der großen Pause gehen alle Kinder der Schule auf den Pausenhof, den Spiel- oder Sportplatz. Am Anfang mochte ich die Pause nicht, denn bei so vielen Kindern fand ich mich nicht zurecht. Ich war sehr froh, dass mich die großen Mädchen aus meiner Klasse in der Pause begleitet und auf mich auf- gepasst haben.

Nach der großen Pause gehen wir manchmal in die Turnhalle. Den Sport- unterricht mag ich gerne, auch wenn es manchmal vorkommt, dass mich die großen Kinder aus der Klasse beim Rennen umrempeln.

In der Religionsstunde bekommen alle Kinder aus meiner Klasse von unserer Klassenlehrerin Geschichten aus der Bibel erzählt oder vorgelesen.

Wir Erstklässler sind in Musik zur Zeit mit unserem Lehrer allein, die großen Kinder singen solange mit einer anderen Lehrerin.

Am Donnerstag nach der großen Pause steht auf dem Stundenplan „Heimat- und Sachunterricht“. An diesem Tag gehen wir oft raus und schauen uns die Dinge in der Natur an, wie z. B. den Himmel, Bäume oder Tiere.

Einmal in der Woche haben wir Klassenrat. Wenn es in der Klasse Streit gibt oder wir mit etwas nicht einverstanden sind, besprechen wir es im Klassenrat. Abwechselnd übernehmen zwei Kinder aus der Klasse die Leitung. Sie rufen die Kinder auf, die sich gemeldet haben und schreiben ins Protokollbuch, was wir besprochen und ausgemacht haben. Wenn unser Lehrer etwas sagen möchte, muss er sich wie alle anderen auch zu Wort melden. Das gefällt uns allen gut!

Um 12.00 Uhr ist die Schule aus, dann bin ich müde und hungrig. Ich gehe nach Hause. Meine Freundin geht dann noch bis ein Uhr in die Betreuung. Ich bin aber ganz froh, erst mal wieder in meinen eigenen vier Wänden spielen zu können.

Die Hausaufgaben mache ich meistens etwas später. Ich weiß gar nicht, warum die Großen immer so über die Hausaufgaben meckern. Mir machen sie nämlich Spaß.

Danach treffe ich mich mit meiner Freundin. Wir wollen von verschiedenen Bäumen die Rinde sammeln. Morgen nehmen wir sie mit in die Schule, damit wir an unserem Baum-Thema weitermachen können. Ich habe schon eine Idee, wie das Heft zu diesem Thema aussehen kann...

Läuft im Montessorizug alles ideal?

Natürlich nicht. Obwohl Kinder, LehrerInnen und Eltern mit unserer Arbeit im Großen und Ganzen zufrieden sind, bewegen uns grundsätzliche und praktische Fragen, die wir in unserer zukünftigen Arbeit weiter klären wollen. Einige Beispiele:

- Viele Kinder unserer Klassen haben in ihrem Lebenslauf tiefgreifende Beziehungs-Verunsicherungen erfahren. Sie brauchen klare Regeln und verlässliche Führung durch uns LehrerInnen. Obwohl ihnen die Freiarbeit auch entgegenkommt, indem diese Kinder dort ihre eigenen Entwicklungsbedürfnisse deutlicher spüren können, stellt sich folgende Frage: Wie können wir im offenen Rahmen unserer Unterrichtsarbeit ein Netz von Strukturen knüpfen, das solche Kinder gut „hält“? 

- Die Altersmischung ist für das soziale Geschehen und den sozialen Zusammenhalt in unseren Klassen sehr wichtig und nicht mehr wegzudenken. Dadurch aber, dass  vier Jahrgänge zusammenkommen, sind die Jahrgangsgruppen mit sechs Kindern pro Klassenstufe sehr klein. Die Kinder haben wenig Partner auf ihrem Entwicklungsniveau, mit denen sie sich vergleichen oder unter denen sie Freunde finden können. Hinzu kommt, dass sich die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf anderen Entwicklungsniveaus bewegen. So entsteht also die Frage: Können wir die Gruppenstärken bei gleicher Lehrer-Schüler-Relation erhöhen und trotzdem noch ein überschaubares soziales Ganzes erhalten, in dem sich alle geborgen fühlen können?

- „Moderne“ Kinder kommen mit vielfältigem medialen Wissen in die Schule, das sie hier vertiefen sollten. Der Montessori-Ansatz will jedem Kind mit seinen Interessen gerecht werden. Dazu sind viele Materialien nötig. Es ist aber nicht sinnvoll jedes kindliche Interesse mit Materialangeboten zu beantworten, weil dadurch wiederholendes, meditatives Arbeiten verhindert wird. Wie können wir das Materialangebot so begrenzen, dass beide Aspekte berücksichtigt sind und zum Tragen kommen?

- Nur sehr wenige ausländische Kinder haben bisher den Montessorizug besucht. Aber genauso, wie sie zu unserer Gesellschaft gehören, gehören sie auch in unsere Klassen. Gerade auch weil unser Konzept heißt „von unseren Unterschieden lernen“ und „die ganze Erde ist unsere Heimat“ sollten Kinder aus weiter entfernten kulturellen Zusammenhängen unsere Schule besuchen. Wie können wir diese Eltern ansprechen?

Literaturempfehlungen 

Stein, Barbara: Theorie und Praxis der Montessori-Grundschule. Freiburg 1998.

Esser, Barbara / Wilde, Christiane: Montessori-Schulen. Rheinbeck 1996

Steenberg, Ulrich: Kinder kennen ihren Weg. Ulm 1993.

Seitz, Marielle / Hallwachs, Ursula: Montessori oder Waldorf. München 1997.

Montessori, Maria: Grundlagen meiner Pädagogik. Heidelberg.

Impressum

An diesem Text haben mitgewirkt: 

         Thomas Helmle

         Dorothea Mutschler-Lang

         Jochen Old

         Heidrun Schaumann 

         Jens Sommer

         Dagmar Spohn-Jakob

         Markus Wurster

Anregungen zu Stil und Gestaltung verdanken wir dem österreichischen Bundesverband für Montessori-Pädagogik in Salzburg, insbesondere Franz Hammerer, Wien.

Stand: Februar 2001

 

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